Der Winter ist Stress für die Hände – und ganz besonders für Kosmetikerinnen und Kosmetiker. Die manuelle Arbeit, der Kontakt mit Produkten und die Handhygiene kommen zur trockenen Heizungsluft und den kühlen Außentemperaturen noch hinzu. Die Haut spannt, sie wird rau und rissig. Der Grund ist eine defekte Hautbarriere.
Nicht selten sind die chronisch trockenen Winterhände regelrecht “pflegeresistent”. Wirksame Lösungen sind gefragt – immerhin sind die Hände unsere wichtigsten Werkzeuge.
Dünnhäutig von Natur aus
Sind Sie dünnhäutig? Ihre Hände sind es in jedem Fall. Die Haut am Handrücken hat keine Schweißdrüsen, kaum Talgdrüsen und nur wenig Fettgewebe. Ist die Hautbarriere nicht intakt, neigt sie zu Entzündungen und Ekzemen. Trockene Haut wird durch Flüssigkeitsmangel und Krankheiten begünstigt, in erster Linie spielen aber äußere Einflüsse eine Rolle. Klirrende Kälte und häufiges Händewaschen schwächen den Säureschutzmantel und mit ihm wertvolle Mikroorganismen (Mikrobiom).
Talgdrüsen arbeiten am besten bei Temperaturen um zwanzig Grad und stellen ab circa acht Grad ihre Produktion schrittweise ein. Je kälter es also wird, desto schlechter funktioniert unser hauteigener Schutzmechanismus.
Häufiges Desinfizieren stört die Balance des Hautmikrobioms – also der natürlichen Bakteriengemeinschaft, die uns schützt. Moderne Pflegeformulierungen setzen zunehmend auf präbiotische oder postbiotische Wirkstoffe, um diese Balance wiederherzustellen. Für Kosmetikerinnen, die täglich desinfizieren, kann das ein entscheidender Faktor sein.
Wie Reinigung zur Pflege wird
In der Kosmetikkabine reinigen Sie Ihre Hände zig mal pro Tag. Zeit für die Hautregeneration fehlt. Denn um den natürlichen pH-Wert wiederherzustellen, benötigt die Haut zwischen einer und drei Stunden. Die genaue Dauer ist individuell und auch abhängig vom Zustand der Hautbarriere.
Die ideale Handpflege beginnt mit der Reinigung. Je schonender diese ist, desto besser. Reinigungsöle und feste Seifen sind hautverträglicher als tensidhaltige Emulsionen oder Flüssigseifen. Öle sind für die Kabine eher unpraktisch – schmierige Finger können Sie hier nicht gebrauchen. Dafür sind feste Seifen einen Versuch wert. Die Vorteile: weniger Konservierer und moderate Rückfettung.
Bei der Verseifung werden pflanzliche oder tierische Fette in ihre Bestandteile zerlegt. Daraus entsteht dann die Seife, genau genommen als Salz der Fettsäuren. Feste Seifen weisen meist einen basischen pH-Wert zwischen 8 und 11 auf und Pflanzenfette wie Sheabutter, Mandelöl, Olivenöl bestimmen ihre pflegenden Eigenschaften. Bei Inhaltsstoffen wie Lanolin oder Bienenwachs sollten Sie auf die Angaben zu den Herstellungsbedingungen achten. Auch vor dem Hintergrund des Tierschutzes. Hautschonende Seifen sind im besten Fall frei von Farb- und Parfümstoffen.
Was die Reinigungswirkung betrifft, stehen feste Seifen der flüssigen Konkurrenz in nichts nach. Und in Sachen Nachhaltigkeit und Sparsamkeit haben sie deutlich die Nase vorn.
Wasser alleine reinigt übrigens auch, löst allerdings weder starke Verschmutzungen noch Fette.
Pflegestoffe, die wirklich wirken: was trockene Hände jetzt brauchen
Das Hautbild trockener Winterhände lässt sich mit einer Kontaktdermatitis, der Ichthyose oder einer atopischen Hauterkrankung vergleichen. Das spiegelt sich auch bei der Auswahl geeigneter Inhaltsstoffe wider. Physiologische Weichmacher wie Pflanzenöle und Feuchtigkeitsbinder wie Squalan, D-Panthenol, Harnstoff, Nachtkerzenöl oder Jojobaöl reparieren die Hautbarriere, verbessern die Hautfeuchtigkeit und die Elastizität und mindern den Juckreiz. Zusätzliche Ceramide verringern den transepidermalen Wasserverlust und unterstützen die Barrierefunktion bis zu einem gewissen Grad. Der natürliche Ceramidspiegel der Haut ist im Winter besonders niedrig. Harnstoff macht die Haut weniger anfällig für Reizungen durch Reinigungsmittel. Als Teil des NMFgehört er außerdem zu den unentbehrlichen Substanzen bei juckender, schuppiger Haut.
Physiologische Weichmacher können sich in die hauteigenen Lipide integrieren und Lücken in den Barriereschichten schließen. Die Folge: Der Wasserverlust der Haut wird verringert, sie wird elastischer, weicher und widerstandsfähiger.
| Tipp für Profis: Ein einfaches Handserum lässt sich aus Squalan, D-Panthenol und einem Tropfen Brokkolisamenöl mischen. Diese Kombination stärkt die Barriere, zieht schnell ein und ist ideal zwischen Behandlungen. |
Grundsätzlich können auch nicht physiologische Fette wie Mineralöle und Silikone durch ihre okklusive Wirkung den Zustand stark geschädigter Hautpartien kurzfristig verbessern und das Einziehen von Wirkstoffen unterstützen. Zur täglichen Hautpflege eignen sie sich aufgrund ihrer austrocknenden Langzeiteffekte weniger.
Wirkstoff-Check: Diese Inhaltsstoffe reparieren die Hautbarriere
- Nachtkerzenöl (hohe “Reparaturwirkung” bei atopischer Haut), Aprikosenkernöl, Rizinusöl, Brokkolisamenöl, Sheabutter (hoher Anteil an Palmitin- und Stearinsäure, wird von der Haut als “eigene Lipide” interpretiert)
- Carotinöl und Rosenöl (ätherische Öle mit hautreparierenden Eigenschaften)
- Weizenkeimglyceride, Cholesterol, Squalan,
- Pflanzliche Wachse wie Jojobaöl, Carnaubawachs, Sonnenblumenwachs und Beerenwachs, Ceralan (Bienenwachsderivat mit konstistenzgebenden und emulgierfähigen Eigenschaften, enthält Glycerin),
- Avocadin (aus dem Avocadoöl gewonnen, konsistenzgebend und emulgierend, verbessert das Einziehen von Emulsionen), Phytosteryl Macadamiate (Emollient, stärkt die Funktion der Hautbarriere, wasserbindend, juckreizstillend bei rissiger und sehr beanspruchte Haut)
- Urea (juckreizstillend, schützend, feuchtigkeitsbindend), Panthenol, Ceramide, Calendula, Vitamin E, Hyaluronsäure, Beta-Glucan ( anti-inflammatorisch und Schutz für die Hautbarriere)
Wärmende Handcremes: Wellness oder Reizfaktor?
Zu den wärmenden Inhaltsstoffen gehören ätherische Öle wie Wintergrün, Orangenöl oder der Chiliwirkstoff Capsaicin. Neben gewissen Wärmeeffekten können diese die Haut reizen und eignen sich so weniger für empfindliche und beanspruchte Haut. Der Kontakt mit Wasser kann die Wärmewirkung, aber auch die Reizung verstärken. Für die Kosmetikkabine sind Handcremes mit diesen Wirkstoffen nicht empfehlenswert.
Weitere “wärmende” Wirkstoffe sind Zimt, Sternanis, Sandelholzöl, Ingwer, Pfeffer oder Muskatnuss. Als ätherische Öle sollten diese in einer maximalen Konzentration von einem Prozent und nur verdünnt mit fetten Ölen wie Kokosöl verwendet werden.
Layering für die Hände: Pflege in Schichten
Kombinieren Sie leichte Öle und Feuchtigkeitsbinder mit niedrig spreitenden Fetten wie Pflanzenbuttern. Entweder in einer Emulsion oder im Layering direkt auf der Haut. Beim Layering tragen Sie einzelne Präparate in Schichten auf. Diese Technik soll die Wirkung der Produkte verstärken. Sie beginnen mit Konzentraten, tragen dann Lotionen oder Seren und schließlich reichhaltige Cremes auf. Auf das Einmassieren wird hierbei verzichtet. Dünne Baumwollhandschuhe unterstützen den Pflegeeffekt und sorgen dafür, dass Sie Ihre Hände weiterhin nutzen können.
| Worauf Sie bei Produkten achten sollten: pH-Wert möglichst hautneutral (5–6) keine Duftstoffe bei gereizter Haut schnell einziehende Texturen (wichtig für Arbeitsalltag) Verpackung mit Spender statt Tiegel – hygienischer |
Praxiswissen: Handpflege-Routinen für den Kabinenalltag
- Handmaske zum Beispiel auf der Basis von Kakaobutter, Avocadoöl oder Bienenwachs. Lassen Sie diese mehrere Stunden oder über Nacht einziehen.
- Hautpflegespray für zwischendurch mit beispielsweise einer Mischung aus Feuchtigkeitsbindern wie Urea und hautaffinen Wachsen wie Jojobaöl. Verwenden Sie nur kleine Mengen, die Sie auf und mit dem Handrücken verteilen. Falls Sie kein geeignetes Produkt zur Hand haben, lässt sich dies mit wenigen Schritten als Schüttelemulsion selbst herstellen.
Und noch ein Tipp zur Prävention: Wer seine Hände schon vor dem Winter gezielt pflegt, stärkt die Barriere rechtzeitig. Leichte Lipidpflege ab September wirkt oft besser als „SOS-Cremes“ im Dezember.